Nachdem ich meine Arbeit mittlerweile abgegeben habe, traue ich mich schon eher mit anderen Leuten darüber zu sprechen. So hat mich heute meine Chefin gefragt, wie es mir mit dem Studium geht und ich konnte berichten, dass ich mit der Bachelorarbeit fertig sei. Dann hat sie mich nach dem Thema gefragt. Ich war offensichtlich nicht gut vorbereitet, denn ich habe es versucht indem ich einfach den Titel nannte. Leider kam da der genaue Inhalt aber nicht wirklich an, weshalb ich mich selber unterbrechen musste und mal eben was von "Facebook und Identität" gemurmelt habe, wohl wissend, dass das ja nur falsch verstanden werden kann. Nach zwei Rückfragen konnten wir das Thema aber schießlich klären und ich war wesentlich souveräner als ich die zentralen Ergebnisse meiner Untersuchung nannte.
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Bekanntlich benötigt man zum Abfassen einer schriftlichen Abschlussarbeit bergeweise Literatur. Da ist es gut, eine Universitätsbibliothek in greifbarer Nähe zu haben. Mit einer Fülle von Büchern verteilt auch unterschiedliche Standorte und ein im Umfang für Kunden nicht abschätzbaren Magazin, so erwartet man sich doch alles vorzufinden, was man benötigt.
Von dieser Utopie wird man bei konkreter Arbeit aber rasch geheilt. Eigentlich würde die Theorie bereits reichen, wenn man sich überlegt wie viele andere Studierende und Forschende möglicherweise von der Literatur Gebrauch machen, wobei von den einzelnen Werken häufig nur ein oder zwei Exemplare überhaupt in Innsbruck zur Verfügung stehen, ganz zu Schweigen davon, dass eine Bibliothek auch nur ein Betrieb mit begrenztem Budget ist, der wirtschaften muss und nicht jedes nur denkbare Buch der Welt erwerben kann. Da kann es also sein, dass die Literatursuche das gewünschte Buch gar nicht erst als Ergebnis ausspuckt oder alle Exemplare entliehen sind und man höchstens eine Vormerkung für April 2013 deponieren kann (da sollte ich bereits im zweiten Semester des Masterstudiums sein). Ist das Buch vorhanden, klicke ich lieber gleich auf "Ausleihe" bevor ein/e Andere/r schneller ist. Irgendwie würde ich mir dann erwarten, dass das Buch spätestens am nächsten Tag an dem gewählten Abholort in dem Fach mit meinem Buchstaben zu finden ist. Nach erfolgloser Suche wird beim Personal nachgefragt, kurzer Blick in di Datenbank: "Nein, das Buch ist auf der SoWi." Aha, ich hatte mich geirrt. Egal, auf die SoWi führt ohnehin mein nächster Weg, da dort noch ein anderes Buch auf mich wartet. Das übersichtliche Regal durchsucht, findet sich auch dort das vermisste Buch nicht. Auskunft des Personals: "Laut Computer muss das Buch in der Hauptbibliothek sein." Ich darf mich mit einem Blick auf den Bildschirm selbst von dem Eintrag überzeugen. Am nächsten Tag geht es wieder auf die Hauptbibliothek. Kein Buch im Regal. Das Personal erläutert: "Das Buch hat eine SoWi-Signatur, es befindet sich auf der SoWi und wird nur fälschlicherweise mit Hauptbibliothek geführt." Na, wunderbar! Da wie dort will niemand das Buch haben, die Einzige, die es braucht, bin ich selbst. Wäre es nicht bloß antiquarisch zu einem horrenden Preis erhältlich, so wäre der Kauf des Buches bestimmt zielführender gewesen, als diese erfolglose Tour durch die Stadt. Eigentlich ist sie da. Ganz tief drinnen in meinem Gehirn ist schon alles da, die gesamte Bachelorarbeit (zumindest der theoretische Teil davon). Die grundsätzlichen Ideen, Referenzen und Quellzitate türmen sich allerdings zu einem chaotischen und bunten Haufen von Legosteinen. Manche der Plastikbausteine sind schon zusammen gefügt. Aber noch kann ein Außenstehender nicht annähernd erkennen, dass es sich dabei bereits um alle Teile des zu bauenden Hauses handelt. Ja, manchmal zweifle ich sogar selbst daran insbesondere wenn ich auf die vorbereitete Bodenplatte schaue, auf der nur vereinzelte Steine als Hausecken und Streben befestigt sind. Wie ein ungeduldiges Kind wühle ich in den Legostein-Gedanken, bastle hier und dort, und ärgere mich dann darüber, dass ich ein Stück des Daches zusammengebaut habe, aber die Wände noch fehlen.
Manchmal fügen sich gleich mehrere Stücke auf zauberhafte Weise zusammen und bilden die perfekte Formulierung eines Zusammenhanges. Natürlich immer an den unpraktischsten Orten und zu den verrücktesten Zeiten, bei der Fahrt im vollen Pendlerbus, bei der Toilettenpause nach dem Kino oder kurz vor dem Einschlafen, wenn sich alles in mir dagegen sträubt noch einmal einen Fuß vor das Bett zu setzen um die Gedanken festzuhalten. Ja, die sind nämlich tückisch, diese Legostein-Formulierungen. Ist man nicht dankbar über ihr Eigenleben, dann zerstreuen sie sich einfach wieder in alle Richtungen und hinterlassen nur die Erinnerung, dass da doch schon die perfekte Formulierung war. Irgendwann. Irgendwo. Unauffindbar. Gerade hatte ich alles so richtig unter Kontrolle, ich habe mir einen Zeitplan zurecht gelegt, mich darum gekümmert, dass ich ausnahmsweise bereits Lehrveranstaltungen in dem von mir gewünschten Master-studiengang belegen kann, wenn ich auch zum Beginn Oktober vielleicht noch nicht mit dem Bachelor fertig bin, da ich in arge Zeitnot gerate und daran zweifle, die Arbeit bis 31. August abgabereif zu haben, ganz zu schweigen von 2 ausständigen Seminararbeiten, welche ich auch ja auch noch irgendwann verfassen muss.
Dann kommt die erste Hiobsbotschaft: Einhebung autonomer Studiengebühren. Dank der Mehrfachbelastung von Familie und Beruf habe ich eine zwei Toleranzsemester bereits aufgebraucht und darf mich demnach darauf freuen, dass demnächst eine Vorschreibung für das nächste Semester eintrudelt. Die 2. Hiobsbotschaft habe ich nur zufällig entdeckt, indem ich bei der Suche nach einer Lehrveranstaltung auf eine Änderung des Curriculums gestossen bin, welches mit 1. Oktober in Kraft treten und auf alle Studierende angewendet werden soll. Das Problem, welches dabei entsteht, liegt darin, dass ich zwar alle Lehrveranstaltungen besucht, aber vermutlich noch nicht alle Noten bis zum 30. September haben werde, im Falle einer Umwandlung in das neue Curriculum verliere ich allerdings ein komplettes Modul, welches sich nicht umrechnen lässt und müsste dafür weitere 7,5 ECTS zusätzlich machen, wobei die zughörigen Lehrveranstaltungen vermutlich erst wieder im SoSe13 angeboten werden. Schlimmstenfalls bedeutet dies, dass ich weitere zwei Semester verliere, sofern ich es nicht schaffe alle meine Arbeiten bis 31. Juli komplett abgegeben zu haben, was allerdings absolut illusorisch ist. Ich kann nur hoffen, dass die Sache mit dem neuen Curriculum nicht so dramatisch ist, wie es mir gerade erscheint. Na, wenn ich jetzt nicht genug Grund zur Panik habe, dann weiß ich auch nicht! Juni? Juni. Juni!!
Oh, verflixt, jetzt ist echt Zeit für Panik... von wegen Vorabversion im Juni fertig (aber dass dies illusorisch war, war mir immer von Anfang an klar, deshalb habe ich das in meinen Zeitplan gar nicht erst aufgenommen). Trotzdem! Ich sollte schon viel weiter sein, als ich es bin. Panik ist also wirklich angebracht. Letzten Samstag habe ich mein 5. und damit geplantermassen letztes Interview geführt. Da ich noch nicht einmal die Hälfte verschriftlicht habe, habe ich mir stattdessen erst einmal einige Interviewpassagen einfach so noch einmal kurz angehört.
Insgesamt bin ich nur mässig zufrieden und bemerke einige Unterschiede in meinem eigenen Stil bei den Interviews. Da ich den Interviewleitfaden ja tatsächlich als eine Leitlinie für das geführte Gespräch verwendet habe, erscheint es mir, als hätte ich die Fragen mitunter etwas unvorsichtig frei umformuliert. Von zwei der Interviews bin ich total begeistert, hatte auch während des Gesprächs und direkt danach ein sehr gutes Gefühl, weil die Interviews richtig flüssig zustande gekommen sind und meine InterviewpartnerInnen beinahe selbst die Überleitung zu den darauffolgenden Fragen gebaut haben. Ein weiteres Interview war zwar nicht so gut, aber doch zufriedenstellend. Und bei den übrigen beiden bin ich fast unzufrieden. Ich hatte phasenweise sogar den Eindruck, dass es schwierig war auf eine Verständnisebene zu gelangen und von den Befragten eigene Interpretationsansätze zu erhalten. Ich habe bereits mit dem Gedanken gespielt noch zwei weitere Interviews zu führen, andererseits bin ich vielleicht auch einfach ein bisschen zu kritisch (mit mir selbst)? Mitte April bereits und es ist noch überhaupt nichts voran gegangen. Leider habe ich die vergangenen zwei Wochen Ferien kaum für die BA-Arbeit nutzen können. In drei Tagen habe ich Termin für meinen ersten Pretest, dabei steht der Leitfaden für das Interview noch nicht einmal.
Ich bin gespannt wie ich das alles schaffen soll. Abends fühle ich mich wie erschlagen und kaum habe ich 2 Seiten gelesen, nicke ich ein. Zeit panisch zu werden? Vielleicht nicht, aber lang dauert es nicht mehr. Nachdem ich meine entlehnten Bücher in der Bibliothek verlängern konnte und nun doch nicht morgen zurück geben muss, hat mein Elan deutlich nachgelassen. Gerade habe ich bemerkt, dass ich mich gestern zu einem Shoppingtag und seither zur Bearbeitung eines anderes Projektes habe hinreißen lassen, anstatt mich mit der Literatur- und Theoriearbeit zu beschäftigen. So verpufft ein weiteres Wochenende wieder nahezu ungenützt (in Bezug auf die Bachelorarbeit), da am Nachmittag bereits wieder ein anderer Termin ansteht.
Ein wenig schlechtes Gewissen ist dabei wohl durchaus gerechtfertigt. Ich bin mit dem heißen Thema von Identität und Identifizierung in Bezug auf Medien im wahrsten Sinne des Wortes nicht allein. Beim Austausch in einer kleinen Runde im Bachelorseminar stellte sich heraus, dass einige KollegInnen ein ähnliches Thema gewählt haben, eine sogar fast dasselbe. Letztere bezieht sich ebenfalls auf Facebook und eine ähnliche Methode für ihre empirische, qualitative Untersuchung. Das ist einerseits interessant und vielleicht auch vorteilhaft, weil wir uns untereinander austauschen können sowohl über Theorien der Identität als auch unsere Ergebnisse. Andererseits entstehen auch Nachteile z.B. benötigen wir ähnliche Literatur und können diese natürlich nicht gleichzeitig an der Universität ausleihen. Die Arbeiten lassen sich auch dann wahrscheinlich untereinander gut vergleichen, was sowohl Vorteil als auch Nachteil sein kann.
Da will ich nichtsahnend mein Expose verfassen und stolpere bei der Literaturrecherche über das Blog der Interdisziplinären Forschungsgruppe "Internetforschung" an der Uni Wien, welche unter anderem eine Reihe von aktuellen Forschungsergebnissen zu "Sharing", insbesondere auch in Bezug auf Identitätsmanagement/-arbeit vorweisen können.
Was heißt das nun für meine BA-Arbeit? Neues Thema suchen? Wie kann ich davon ausgehen Neues beizutragen, wenn genau das, was ich mir so an Thesen überlegt habe, ohnehin bereits von einer Forschungsgruppe im größeren Rahmen verifiziert wird? Irgendwie seh ich grad gar keine Vorteile drin und neige dazu in Panik auszubrechen. |